Sozialpartner des Bauhauptgewerbes: Deutsch auf der Baustelle

Die Sozialpartner im Bauhauptgewerbe haben sich mit dem Projekt "Deutsch auf der Baustelle" am TAK-Integrationsdialog 2012-2016 beteiligt. Ihr Ziel war es, die Rahmenbedingungen zu verbessern, damit ausländische Mitarbeitende praxisorientiert Deutsch lernen und sich besser integrieren können. Das Pilotprojekt "Deutsch auf der Baustelle" wurde Ende 2015 erfolgreich abgeschlossen.

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Die Sprachkurse werden nun als reguläres Angebot weitergeführt. Die ersten Französischkurse sind 2016 in den Kantonen Freiburg und Jura gestartet.

Kostenlosen oder sehr günstigen Sprachunterricht für ausländische Bauarbeiter gibt es im Bauhauptgewerbe seit Jahrzehnten. Bei einem Ausländeranteil von rund 60 Prozent ist den Arbeitgebenden bewusst, wie wichtig die Sprachförderung ist, damit sich ihre Mitarbeitenden bei der Arbeit und im Alltag zurecht finden.

Pilotphase 1: Kurse auf der Baustelle während der Arbeitszeit

Neu am Pilotprojekt "Deutsch auf der Baustelle" waren folgende Elemente: Die Kurse wurden als Arbeitszeit angerechnet und setzten das praxisorientierte Sprachlernsystem fide an, welches das Staatssekretariat für Migration (SEM) für Migrantinnen und Migranten entwickeln liess (www.fide-info.ch). Die Kursinhalte bezogen sich nicht nur auf die Arbeit, sondern auch auf Situationen im Alltag. In der ersten Pilotphase im Wintersemester 2012/13 wurden fünf kostenlose Kurse während der Arbeitszeit auf der Baustelle durchgeführt. Die Sozialpartner wollten damit die Motivation der Bauerbeiter erhöhen, einen Sprachkurs zu besuchen.

Pilotphase 2: Kurse in der Freizeit mit Lohnprämie

Die drei teilnehmenden Baufirmen und die rund 60 Bauarbeiter waren insgesamt sehr zufrieden. Einzig der Unterricht während der Arbeitszeit hatte einzelne Baustellen vor Probleme gestellt, weil die kursbedingte Absenzen die Arbeiten blockierte. Deshalb wurden die Kurse in der zweiten Pilotphase 2013-2015 auf den Samstag Vormittag verlegt. Wer einen Semesterkurs à 50 Lektionen besucht und abschliesst, erhält eine Lohnprämie von 750 Franken. Das entspricht 70 Prozent des Grundlohns für 40 Arbeitsstunden bzw. 50 Lektionen. Der Unterricht ist kostenlos, die Prämie dient als zusätzlichen Anreiz für den Kursbesuch.

Ausweitung auf die gesamte Deutschphase

In der zweiten Pilotphase wurde das Angebot geographisch ausgeweitet. 2014 fanden rund 40 Kurse in elf Kantonen statt, 2015 waren es rund 100 Kurse in praktisch allen Deutschschweizer Kantonen. Die Kosten übernahm der Parifonds Bau, der Bildungsfonds der Branche in der Deutschschweiz und in den Kantonen Freiburg und Jura. Getragen wird er von den Sozialpartnern Schweizerischer Baumeisterverband (SBV), Verband Baukader Schweiz, Unia und syna.

Reguläres Angebot

Die Gesamtevaluation der Pilotphase war positiv und konnte den Mehrwert ausweisen. Die Sozialpartner beschlossen, das Projekt in ein reguläres Angebot zu überführen. Das Angebot steht allen Unternehmen offen, die dem Landesmantelvertrag unterstellt sind.

2016 wurden wieder rund 100 Kurse in der Deutschschweiz durchgeführt. Parallel dazu wurden in den Kantonen Freiburg und Jura je zwei Kurse auf Französisch angeboten. In Genf, Neuenburg, der Waadt und im Wallis verfügen die Sozialpartner über kantonale paritätische Fonds, die vom Parifonds Bau unabhängig sind, aus denen ebenfalls lokal organisierte Sprachkurse finanziert werden; das Modell „Deutsch auf der Baustelle“ wurde dort nicht übernommen. Im Tessin ergaben die Abklärungen der Sozialpartner, dass unter den ausländischen Arbeitskräften kein Bedarf nach Sprachkursen besteht.

1,3 Millionen Franken

Insgesamt hat der Parifonds Bau von 2012 bis 2016 rund 250 Kurse durchgeführt, an denen rund 2500 Mitarbeitende teilnahmen. Die Kosten für Mitarbeitende mit einem festen Arbeitsvertrag werden vom Parifonds Bau allein getragen und belaufen sich für diese Zeit auf rund 1,3 Millionen Franken. Die Kurskosten für temporäre Arbeitskräfte übernimmt der Bildungsfonds „temptraining“ der Sozialpartner der Temporärbranche.

Zum Lernen anspornen

"Deutsch auf der Baustelle" stützt sich auf das Sprachlernsystem fide, das im Auftrag des Staatssekretariats für Migration (SEM) entwickelt wurde. Seine Lernziele sind sehr praxisorientiert: Die Arbeitsschicht mit einem Kollegen abtauschen, Rapporte auf der Baustelle verstehen und formulieren, am Telefon einen Arzttermin vereinbaren, die Einladung an ein Elterngespräch an der Schule verstehen. So stellen sich rasch Erfolgserlebnisse ein, die zum Weiterlernen motivieren.

In der Pilotphase wurde der Unterricht von der Stiftung ECAP durchgeführt, einem gewerkschaftlichen Bildungsinstitut, das seit über 40 Jahren spezialisiert ist auf den Sprachunterricht für lernungewohnte Migrantinnen und Migranten. Inzwischen erteilen auch andere Sprachanbieter die Kurse.